Für die meisten Eschbach-Romane konnte ich mich bislang nicht begeistern. Das liegt daran, dass der deutsche Erfolgsautor gerne im Sci-Fi-Bereich schreibt und ich mit eben diesem Bereich nicht viel anfangen kann. Die wenigen Bücher, die ich von Andreas Eschbach las, haben mich aber stets begeistert. Und die Kombination aus Nazi-Regime und heutiger Technologie haben mich neugierig gemacht. Der geschickt gewählte Titel des Buches und des zivilen deutschen Geheimdienstes NSA hat sicherlich auch zur Neugierdesteigerung beigetragen.
Im Wesentlichen geht’s im neuesten Werk von Andreas Eschbach um eine Frage: Was wäre, wenn es im Dritten Reich bereits moderne Technologien wie Internet, Mail und Mobiltelefonie sowie die dadurch mögliche Überwachung gegeben hätte. Die Antwort gibt Eschbach nur im Ansatz, aber mehr ist auch nicht nötig. Denn kaum einer will sich das wirklich in letzter Konsequenz ausmalen. Denn es ist klar: Es käme nichts Schönes dabei heraus
Das Bild, das Eschbach malt, ist tatsächlich düster. Dank der elektronischen Vernetzung und der entsprechenden Überwachung ist der Bürger weitgehend das, was sich jede Diktatur wünscht: Gläsern. Es gab Zeiten, da durfte man noch ungestraft Witze machen über Adolf Hitler. Dank dem NSA werden solche Online-Bemerkungen aber wenige Jahre später wieder aufgespürt und der die damaligen Kritiker verschwinden in einem Straflager. Deserteure und Untergrundkämpfer werden dank Handy-Ortung verfolgt und von der Gestapo verhaftet. Geheime Räume, die in Wohnungen als Versteck für Juden dienen, werden dank dem Online-Zugriff auf die Grundbuchämter rasch entdeckt, dank den automatischen Auswertungen von Einkäufen (Bargeld wurde abgeschafft, man bezahlt mit der Kreditkarte) findet das System verdächtige Anschaffungen, die ebenfalls die SS oder Polizei auf den Plan rufen. Wie gesagt: Düster.
Die beiden Figuren Helene Bodenkamp und Eugen Lettke spielen in „NSA“ die wichtigsten Rollen. Die zwei könnten kaum unterschiedlicher sein und haben dennoch einige Gemeinsamkeiten. Die wichtigste und zugleich schicksalhafteste ist der gemeinsame Arbeitgeber, das titelgebende Nationale Sicherheits-Amt (NSA). Eine weitere ist ihre wachsende Abneigung den Nazis gegenüber, mit der beide unterschiedlich gut zurecht kommen.
Helene, das schüchterne Mädchen mit reichen Eltern, arbeitet als Programmstrickerin beim Sicherheits-Amt und ist damit für die Programme und Datenbankabfragen verantwortlich, die ein Analyst für seine Auswertungen verlangt. Einer dieser Analysten ist Eugen Lettke, der sich den Job beim NSA geangelt hat, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen und ausserdem bald damit beginnt, die Möglichkeiten seines Arbeitgebers illegal für einen persönlichen Rachefeldzug zu missbrauchen.
Eschbach verwendet viele, viele Seiten, um die Geschichte dieser beiden Hauptcharakteren zu erzählen, und fängt dabei in deren Kindheit an. Das macht das Buch letztlich zu einem äusserst umfangreichen Werk von knapp 800 Seiten, sorgt gleichzeitig aber auch für einen sehr starken Bezug des Lesers zu den Figuren. Letzteres gilt für die meisten Leser wohl nur in Bezug auf Helene, aber auch der rachesüchtige und perverse Schwächling Lettke wird greifbarer (wenngleich nicht sympathischer). Erfreulicherweise darf man auch erwähnen, dass diese weit ausholenden Erzählungen alles andere als langweilig sind.
Um im Verlaufe des Krieges die Daseinsberechtigung des NSA aufrecht zu erhalten, ist das Amt gezwungen, immer stärker für die Interessen der Nazi-Regierung zu arbeiten. Für Lettke, der alles tun würde, um nur nicht an die Front geschickt zu werden, ist es keine grosse Sache, wenn er Ideen bringt, die Familien verrät, die jüdische Flüchtlinge verstecken. Auch wenn jedermann klar ist, was sowohl mit den versteckten Juden, wie auch ihren Helfern passiert. Für Helene hingegen, die selber mithalf, einen Deserteur zu verstecken, wird das immer problematischer.
Mehr will ich an dieser Stelle gar nicht verraten, sondern das Buch unbedingt empfehlen. Wenn man keinen Spass hat an fiktiven „Was-wäre-wenn“-Geschichten, dann ist NSA natürlich nix. Für alle anderen ist „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“ eine sehr spannende Lektüre, die viele Stunden Unterhaltung bietet und einen letztlich dankbar zurück lässt, weil es eben glücklicherweise nicht so wahr, wie Eschbach es in diesem Roman geschrieben hat. Das gilt ganz allgemein für die gesamte Geschichte rund um das NSA, insbesondere aber auch für den Schluss des Buches, in dem das Schicksal der beiden Hauptfiguren Helene und Eugen – teils sehr ironisch – besiegelt wird.
Meine Wertung:
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10.2018