Ich habe dummerweise den Schädelbrecher, der eigentlich nach dem Wundennäher spielt (aber das ist egal), vorher gelesen. Deshalb wiederhole ich mich jetzt. Anders gesagt, ich werde mich im Beitrag über den Schädelbrecher wiederholen. Denn dessen Beitrag habe ich schon geschrieben, der erscheint eine Woche nach diesem hier.
Ich habe mich die letzten Monate zu einem Hünnebeck-Fan entwickelt. Seine Kritiker bemängeln den einfachen Schreibstil. Mir hingegen gefällt der, weil er unnötiges Geschnörkel und blumige Ausführungen auslässt. Aber die Grenzen zum Kiosk-Roman sind natürlich fliessend. Wer hochstehende Literatur will, kauft sich keinen Hünnebeck
Was mich aber langsam zu stören beginnt, sind die Wiederholungen. Es geht eigentlich im Kern immer ums Gleiche. Ein psychisch Kranker begeht Verbrechen – meistens an Frauen und in der Regel mit tödlichem Ausgang für das Opfer- und die Polizei ermittelt entsprechend und jagt den Täter. Meist geschehen dabei weitere Taten, während die Polizei mit Drosten, Sommer & Co dem Verbrecher immer näher kommt.
Weil diese Kerngeschichten einander immer extrem ähneln, bleibt als Unterscheidung nur noch die Art der Verbrechen. Und die werden scheinbar immer brutaler, perverser, kranker. Im Wundennäher haben sie meines Erachtens einen Höhepunkt erreicht (natürlich nur auf Hünnebeck bezogen). Und doof finde ich das, weil es die Story eigentlich nicht besser macht.
Junge Frauen werden in ihren eigenen Wohnungen gefangen gehalten, gefoltert, vergewaltigt, mit Schnittwunden malträtiert. Die Schnittwunden werden anschliessend laienhaft zusammen genäht, ehe erneut Wunden hinzugefügt werden. Und das über Tage oder Wochen, ehe sie am Ende getötet und im Wald verscharrt werden.
Warum der Täter das tut, was er tut, erfährt man leider nur teilweise verständlich. Zu viele Fragezeichen bleiben auch nach Ende des Buches stehen. Schwierige Kindheit, klar. Traumatische Erlebnisse, klar. Aber irgendwie vermisse ich die Tiefe, die Liebe zum Detail. Und, das muss ich leider auch sagen, die Nähe zur Realität.
In der Tat gibt es mehrer Stellen, bei denen ich innerlich stöhnte. So vorhersehbar. So unrealistisch. So unglaubwürdig. Seien es die Polizisten, die tolle Gedankenblitze haben, die natürlich auf die richtige Spur führen. Oder sei es der Täter, der mit einem wochenlang gefolterten Mädchen flüchtet, obwohl die gerade etliche Tage nichts zu Trinken hatte und wohl eher kurz vor dem Sterben ist als in der Lage, zu Fuss die Wohnung zu verlassen.
Was soll ich sagen, „Der Wundennäher“ ist spannend, ja. Spannung mit wenig Tiefgang und deshalb Protagonisten, die kaum Profil haben. Das enttäuscht nicht zuletzt auch besonders bei den Figuren Drosten und Sommer, die man jetzt ja doch schon einige Male gemeinsam und vorher einzeln, jeder für sich, erleben durfte. Bei beiden erfährt man stets ungefähr das Gleiche: Ehefrau, keine Kinder, Krise bei Drosten und Ex-Frau, neu verliebt, Sohn bei Sommer. Das ist mir persönlich zu wenig für Serienhelden, die mehr als Kioskroman-Helden sein wollen. Aber vielleicht wollen sie das gar nicht.
Meine Wertung:
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04. / 07.08.2018