Dass ich „Der Fall Kobinski“ fertig gelesen habe, grenzt an ein Wunder. Nach drei oder vier Seiten wollte ich das Buch auf Nimmerwiedersehen weglegen. Schon auf der ersten Seite tauchen mehrere Fehler auf. Was Grammatik anbelangt, ist das Buch auf tiefem Niveau: Fehlende Kommas en masse. Falsche Worte, falsche Fälle, mitten im Satz ändernde Zeitformen oder einfach so falsch.
Da wird adjustiert statt attestiert, es wird „auf jemanden vergessen“, Whiskey wird weiblich und die Akte Kobinski wird unter dem Buchstaben D gesucht (und gefunden). Das sind nur einige wenige (!) von fast auf jeder Seite auftauchenden Fehlern. Wer’s nicht glaubt, soll das Buch lesen.
Dieses Buch hat mit Sicherheit nie einen Lektor gesehen. Und damit sollte der Verkauf eigentlich gestoppt werden. Dass Wolfgang Ortner dann noch fast gänzlich auf Absätze verzichtet, hilft der Lesbarkeit auch nicht weiter. Seitenweise steht einfach Fliesstext, egal, ob erzählt oder direkte Rede wiedergegeben wird. Und manchmal sind die direkten Reden durch Anführungszeichen abgetrennt, obwohl die gleiche Person weiter spricht.
Höchsten Grades unprofessionell also. Davon abgesehen – wenn man denn davon absehen kann – hat das Buch einen gewissen Unterhaltungswert.
Inhalt
Knodolch, der wenig geschickte Detektiv, ermittelt in einer Sache, die ein grosses Hilfswerk betrifft. Es geht um Altkleider, die in entsprechenden Containern oder während Sammelaktionen gespendet werden. Offenbar geschieht mit diesen Kleidern so einiges, nur nicht das, was der Spender vermutlich meint.
Im Verlauf der Geschichte erfährt der Leser, dass die Kleider nicht an Bedürftige verteilt, sondern möglichst schnell zu Geld gemacht werden. Er erfährt auch, dass dabei Schindluder betrieben wird und auch noch die eine oder andere illegale (aber lukrative) Aktion unter dem Deckmantel der Nothilfe läuft.
Hintergrund
Das Hilfswerk, das in diesem Zusammenhang im Buch die Hauptrolle spielt, hat der Autor Tasirac genannt. Es braucht wenig Fantasie, um daraus dabzuleiten, wer dem Autor für die Namensgebung Pate stehen durfte. Oder musste: Caritas. Einfach mal rückwärts lesen und ein bisschen umstellen.
Dadurch erhält der Roman wenigstens einen Hauch von Brisanz. Unklar bleibt, ob der Leser die kriminellen Elemente frei erfunden hat oder sie auf irgendwelchen Informationen basieren, die ihm zur Verfügung standen.
Dass die gesammelten Kleider tatsächlich an entsprechende Spezialisten gehen, die sie auf dem Gebrauchtkleidermarkt zu Geld machen, ist korrekt. Die Hilfswerke geben dafür meist nur ihren Namen auf die Container, weil die Leute eher spenden, wenn eben Caritas oder TexAid drauf steht, als wenn da TexCo Altkleiderverwertung oder ähnliches steht.
Für die Leihung von Namen und Logo erhalten die Hilfswerke dann einen vertraglich definierten Betrag pro Kilo oder Tonne Kleider. Die idyllische Vorstellung mancher Kleiderspender, die Hilfswerke würden mit den hunderttausend gesammelten Kleidungsstücke zu den Bergbauern oder Erdbebenopfern fahren, mobile Umkleidekabinen aufbauen und die Kleider übergeben, ist natürlich Blödsinn. Jeder, der mehr als fünf Sekunden darüber nachdenkt, wird das selber merken.
Unklarheit bis zum Schluss
Dass kaum ein Hilfswerk das transparent mitteilt, ist vielleicht verwunderlich, aber sicher kein Verbrechen. Deshalb musste sich auch der Autor des vorliegenden Buches weitere Gedanken machen. So baut er noch illegale Abfallentsorgung auf den Weltmeeren ein sowie Betrug mit den Altkleidern. Klingt jetzt etwas unklar. Ist es auch. Bis zum Schluss weiss man nicht so recht, was denn nun Weltbewegendes entlarvt und veröffentlicht wurde, wer mehrmals die Hauptfiguren angriff, wer genau hinter den Machenschaften steckt, was „diese alte Sache“, die mehrmals zum Ausdruck kommt, sein soll.
Wenngleich das Buch – wenn man sich an die vielen Fehler gewöhnt – einen gewissen Unterhaltungswert bietet, zeigt sich das tiefe Qualitätsniveau leider auch im Plot und dessen schlüssiger Auflösung. Da wäre in jeder Hinsicht deutlich mehr möglich gewesen. Schade.
Meine Wertung:
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27.08./06.09.